Anorexia Nervosa Folgen für Körper / Psyche und Therapiemöglichkeiten.
Körperliche Schädigungen durch die Magersucht
- Fasten, Erbrechen und der Gebrauch von Abführmitteln können zu einem Mangel an lebensnotwendigen Elektrolyten wie z.B. Kochsalz, Magnesium oder Kalium führen.
- Elektrolytstörungen schädigen das Nierengewebe und beeinträchtigen die Nierenfunktion.
- Kaliummangel und Säuremangel: Folgen können Herzrhythmusstörungen sein. Langjähriger Kaliummangel kann die Nierenfunktion dauerhaft schädigen: Das Nierengewebe schrumpft und es kommt zu einer chronischen Niereninsuffizienz.
- In Verbindung mit einer zu geringen Flüssigkeitsaufnahme kann schließlich der Harnsäurespiegel ansteigen und so ebenfalls zu Nierenstörungen führen.
- Durchblutungsstörungen führen häufig zu Kältegefühlen an den Händen und Füßen. Oft kommt es auch zu Schwindelgefühlen und Ohnmachtsanfällen.
- Veränderung der Hormone, durch die Gewichtsabnahme: Folgen sind trockene, rissige Haut, brüchiges, dünnes Haar (Haarausfall), Unregelmäßigkeiten des Zyklus bis hin zum Ausfall der Monatsblutung, Abnahme der Libido und der Fruchtbarkeit, fehlendes Wachstum der Brust und Stopp des Größenwachstums.
- Häufiges Erbrechen kann zu Sodbrennen und Entzündungen der Speiseröhre aufgrund der zurückfließenden Magensäure führen. Manchmal bilden sich dadurch Geschwüre, die lebensbedrohlich werden.
- Vitamin-D-Mangel: Der Knochenstoffwechsel wird gestört. Die Folgen sind Knochenerweichung (Osteomalazie) und eine Verminderung der Knochengrundsubstanz (Osteoporose).
Psychische Folgen der Magersucht
Durch die kohlenhydratarme Ernährung kann die Übertragung zwischen den Nervenzellen im Gehirn beeinträchtigt werden. Stimmungsschwankungen setzen ein, das psychische Gleichgewicht gerät auseinander. Es kommt zu Depressionen und Selbstmordgedanken.
Therapiemöglichkeiten bei Magersucht
Magersucht ist eine Erkrankung, die nicht nur die körperliche und psychische Gesundheit schwer beeinträchtigt, sondern sogar zum Tod führen kann. Etwa zehn Prozent sterben infolge der Erkrankung. Eine Behandlung ist daher unumgänglich. Da Magersucht zu den psychosomatischen Erkrankungen zählt, muss bei einer Therapie nicht nur auf die Behandlung der körperlichen Symptome geachtet werden. Auch die tieferliegenden seelischen Ursachen müssen berücksichtigt werden.
Wenn die Erkrankung erkannt wird, sollte sofort mit einer intensiven Ernährungstherapie begonnen werden. Je nach Schwere der Erkrankung gibt es unterschiedliche Therapiemöglichkeiten. Ein mindestens 8-wöchiger stationärer Klinikaufenthalt wird empfohlen. Der Aufenthalt in einem Krankenhaus während einer Therapie ist sinnvoll. Durch den Klinikaufenthalt durchbrechen die Erkrankten ihren Alltag und können sich zudem mehr auf ihre Gesundung konzentrieren. Allerdings sind auch ambulante Therapien möglich.
Ein stationärer Klinikaufenthalt ist auf jeden Fall spätestens dann erforderlich, wenn das Körpergewicht unter 75 Prozent des Normalgewichts liegt und die körperliche Verfassung lebensbedrohlich ist oder aufgrund der Depressionen Selbstmordgefahr besteht. Eine Therapie kann in Notsituationen auch auf richterliche Anordnung hin erfolgen. In erster Linie kümmern sich die Ärzte in solchen Fällen um die schnelle körperliche Wiederherstellung des Patienten – vor allem also um die Gewichtszunahme. In manchen Fällen ist eine medikamentöse Behandlung notwendig, z.B. wenn die Kranken unter schweren Depressionen oder schwere Zwangssymptomen leiden. Bei Hormonmangelerscheinungen muss möglicherweise eine vorübergehende Hormonersatztherapie mit Medikamenten durchgeführt werden. Oftmals kann erst nach Notmaßnahmen eine Behandlung im eigentlichen Sinne beginnen. Die Erkrankten erhalten dann auch Anleitung zur Ernährung von Ernährungsfachkräften und müssen regelmäßigen Gewichtskontrollen zustimmen, damit der Arzt den Behandlungsverlauf beurteilen kann. Schwer Erkrankte benötigen meistens mehr als 4 Monate, um Entlassen werden zu können.
Bei Magersüchtigen, deren Gewichtsabnahme nicht lebensgefährlich ist, muss manchmal ebenfalls erst der chronische Hungerzustand beendet werden, bevor eine sinnvolle Therapie anfangen kann. Allerdings sollte auf die Betroffenen kein Druck ausgeübt werden, bis zum Normalgewicht zuzunehmen. Ein solcher Zwang könnte zu weiteren Depressionen und akute Suizidgefährdung führen.
Spezielle Psychotherapien mit Familiengesprächen, Einzelgesprächen und Elternberatung sind für alle Betroffenen sinnvoll, um die Ursachen der Erkrankung herauszufinden und die Seele der Betroffenen wieder zu heilen. Durch eine Verhaltenstherapie lernen die Erkrankten, ihren Körper wieder kennen und erlangen wieder einer realistische Sicht auf ihr Gewicht und ihre Figur. Meist müssen sie auch neu erlernen, auf die Signale ihres Körpers – z.B. Hunger – zu hören und richtig darauf zu reagieren. Außerdem werden ihnen neue Verhaltensmuster beigebracht, die ihnen helfen sollen, ihr Leben neu zu ordnen und ein normales Selbstwertgefühl aufbauen.
Für den langfristigen Erfolg einer Therapie ist meistens ein stabiles Lebensumfeld nötig. Da die Familiensituation häufig eine Ursache der Krankheit darstellt, empfehlen die Therapeuten eine veränderte Wohnsituation. Betroffenen erhalten das Angebot in therapeutische Wohngemeinschaften umzuziehen. Hier können sie Verantwortung für sich und die Mitbewohner tragen, eigene Aufgaben übernehmen. Man hilft ihnen auch besser wieder ihren Beruf oder ihre Ausbildung aufzunehmen und einen festen Tagesablauf zu organisieren.
Die Behandlung dauert insgesamt oft mehrere Jahre und kann nach der Akutphase im Krankenhaus bei einem erfahrenen Arzt oder Psychotherapeuten erfolgen.
Heilungschancen von Magersucht
Viele Magersüchtige halten an ihrem gestörten Essverhalten ein Leben lang fest. Nach einer Therapie erreichen meistens nur 30% der Kranken wenigstens annähernd ihr Normalgewicht. Die Rückfallquote ist hoch. Häufig müssen Magersuchts-Patienten schon bald wieder in die Klinik aufgenommen werden, da sie alleine mit dem Alltag, Stresssituationen und ihrer Nahrungsaufnahme überfordert sind. Völlig von der Krankheit geheilt werden nur wenige Patienten. Und auch wenn sich ihr Essverhalten verbessert, begleitet sie die ständige Angst vor dem „Dickwerden“ doch immer weiter.