Erinnern Sie sich an den Aufbau unserer Lunge? Ein Schwamm, bestehend aus vielen Millionen winzigster Lungenbläschen, ein stetes Aufblähen, Zusammenfallen, Aufblähen, ….
Was ist ein Emphysem?
Stellen Sie sich jetzt als Bild vor, wie jemand einen heißen Gegenstand nimmt und damit in diesen Schwamm Löcher hineinbrennt, lauter große, plumpe Höhlen in dem feinen Schwammgewebe: so etwa schaut eine Emphysemlunge aus. Die feinen Bläschenstrukturen sind zerstört, ersetzt durch wabige Löcher, die aufgrund Ihrer defekten Struktur das nicht mehr leisten können, was eine „anständige“ Lunge beherrschen soll, den Gasaustausch: Sauerstoff rein – Kohlendioxid raus. Das heisst im Klartext: Dort wo Emphysem ist, ist die Lunge praktisch tot!
Dann kommt noch etwas dazu. Die Veränderungen betreffen nicht nur die Lungenbläschen sondern auch die feinsten Endbronchien, die Bronchiolen. Auch deren Wände werden in ihrer Struktur verändert. Die Folge ist, dass ihre Stabilität deutlich abnimmt. Das hat gravierende Folgen. Bei der Einatmung entsteht im Brustraum (Thorax) ein Sog, also ein negativer Druck, der nicht nur die Atemluft in den Thoraxraum zieht sondern auch die Bronchien auseinanderzieht und damit die Atemluft besser durchstömen lässt.
Bei der Ausatmung ist es genau umgekehrt: Es entsteht ein (positiver) Druck, d.h. die instabilen Atemwege werden zusammengedrückt, also komprimiert, so wie ein billiger Gartenschlauch, den man einfach mit der Hand zusammenpressen kann. Die Folge: der Durchfluss (in diesem Fall der Atemluft) wird behindert. Die Folge davon wiederum: Die eingeatmete Luft kann nicht mehr vollständig ausgeatmet werden und staut sich in den (auch noch krankhaft veränderten) Lungenbläschen: es entsteht eine Blählunge, das volkstümliche Wort für Emphysem.
Das bedeutet, dass die Lunge nach einiger Zeit aufgeblasen ist wie ein Autoreifen, der unter Druck steht. Die Ausatmung ist behindert, die Luft kann nicht mehr abgeatmet werden, der Brustkorb ist am Ende der Ausatmung voller (verbrauchter) Luft. Dann entsteht ein starker Lufthunger, der zum Einatmen zwingt. Weil die Lunge aber schon voller Luft ist, geht das nur noch beschränkt. Bei Anstrengungen, wo der Sauerstoffbedarf größer wird, versucht der Kranke das auszugleichen indem er mit Kraft einatmet – und so die Situation noch verschlimmert: Es entsteht Belastungsatemnot (Dyspnoe), das typische Anzeichen einer Blählunge. Nur durch bedachtes, „gebremstes“ Abatmen kann er die überschüssige Luft wenigstens wieder teilweise aus der Lunge entfernen und damit das Dyspnoegefühl verbessern, also durch die „berühmte“ Lippenbremse.
Lassen Sie uns nochmal die etwas komplizierten Zusammenhänge zusammenfassen
- Die Lungenstruktur ist mehr oder weniger beeinträchtigt oder sogar zerstört.
- Die Atemwege sind durch Strukturveränderungen instabil und weich, neigen zum Zusammenfallen (Atemwegs-Kollaps) vor allem bei der Ausatmung, die Lunge kann dadurch nicht richtig entleert werden.
- Die Lunge ist in Folge überbläht, dadurch wird die Einatmung vor allem bei Anstrengungen erschwert, es entsteht Belastungsdyspnoe, das typische und oft einzige Symptom eines Emphysems.
- Verstärktes (forciertes) Einatmen verschlimmert die Situation durch weitere Zunahme der Überblähung, es kommt zu einem Teufelskreis.
- Oft kommt es noch zu einer zusätzlichen Verschlimmerung durch die meist gleichzeitig mehr oder weniger vorhandene Bronchitis mit zähem Schleim, der die engen Bronchialröhren verlegt (oft auch ohne Stethoskop hörbares Rasseln in der Tiefe der Brust).
- Durch die Überblähung werden nicht nur die Atemwege komprimiert sondern auch die feinen Blutäderchen, die die ganze Lunge durchziehen. Das bedeutet, dass das rechte Herz vermehrte Arbeit leisten muss, es entsteht auf Dauer eine Leistungsschwäche des rechten Herzens (Herzinsuffizienz, Cor pulmonale). Das ist oft die Todesursache bei langjährigen Emphysemerkrankungen.
Wodurch entsteht so eine verhängnisvolle Entwicklung?
90% aller Emphysempatienten haben in ihrem Leben mehr oder weniger stark geraucht.
Ein ganz geringer Teil erleidet die Lungenveränderungen aufgrund einer angeborenen Störung im Blut: dem Mangel an Alpha-1-Antitrypsin (heute sagt man allerdings eher Alpha-1-Proteinaseninhibitor): Dieses Enzym verhindert den Abbau von körpereigenem Struktureiweiss, das für den Bau z.B. der Lungenbläschen extrem wichtig ist.
Wenn diese Eiweissmoleküle zerstört werden (beispielsweise durch den Angriff toxischer Substanzen aus dem Zigarettenrauch), verändert sich der Wandaufbau des Lungenbläschens so, dass es seine Form und die so wichtigen elastischen Eigenschaften verliert und funktionsunfähig wird. Wenn der normalerweise angeborene Schutz gegen solche Gifte, eben das Enzym Alpha-1-Antitrypsin, nicht vorhanden ist, sind die empfindlichen Schleimhäute besonders empfindlich und leiden schon unter sonst unschädlichen Umweltstoffen. Ein Mensch mit angeborenem α-1-Antitrypsinmangel, der auch noch raucht, braucht also auf die Entwicklung eines Emphysems nur zu warten …
Was tun bei ersten Anzeichen?
Besonders tückisch an dieser Erkrankung ist, dass sie sich ganz schleichend entwickelt. Das bedeutet, dass man die ersten Anzeichen – also beginnende Kurzatmigkeit bei Anstrengungen – sehr ernst nehmen muss, weil die Krankheit dann schon verhältnismäßig weit fortgeschritten ist. Und das heisst:
- Gegebenenfalls schnellstmöglich mit dem Rauchen aufhören
- Überweisung zum Lungenfacharzt zur genauen Untersuchung
- Lebenslange konsequente Anwendung von atemwegserweiternden Medikamenten
- Nach Möglichkeit eine Rehabilitationsmaßnahme (Reha) beantragen
Vergleich von Atemwegserkrankungen
Asthma bronchiale | COPD | ||
---|---|---|---|
Chronisch-obstruktive Bronchitis | Lungenemphysem | ||
Ursache(n): | 1. allergisch – oder 2. durch Atemwegsinfekte bedingt – oder 3. Kombination aus 1 und 2 |
1. immer wiederkehrende Infekte 2. Einwirkung von Umweltgiften, insbesondere Zigarettenrauch |
1. Zigarettenrauch 2. (sehr selten) Alpha-1-Antitrypsin-Mangel |
typische Beschwerden: | anfallsartige Atemnot bei Atemreizen, Allergien, Infekten, oft auch nachts, trockener Husten, gelegentlich zäher, glasiger Schleim | rasselnder Husten, mehr oder weniger starke Verschleimung, vor allem frühmorgens, oft gelb oder grünlich, in fortgeschrittenen Stadien Belastungsatmenot | fast „nur“ Belastungsatemnot, die im Lauf der Jahre langsam zunimmt und immer bedrohlicher wird. |
Behandlungs- möglichkeiten: |
Spricht gut auf atemwegserweiternde Medikamente an, vorbeugende Behandlung mit „schützenden“ lokal wirksamemem Cortison | Verschwindet nach Aufgabe des Rauchens oder wirksamer Behandlung der Infekte oft von alleine, unterstützend Schleimlöser, Atemwegserweiternde Sprays oder Pulverinhalatoren | Einstellen des Zigarettenrauchens! Unterstützend atemwegserweiternde Pulverinhalierer oder Sprays, |
Besonders wichtig: | sorgfältige Behandlung von Atemwegsinfekten | sorgfältige Behandlung von Atemwegsinfekten | sorgfältige Behandlung von Atemwegsinfekten |
Verlauf: | Meist günstig, wenn gute Behandlung erfolgt | Kann bei fortgesetzter Schädigung der Atemwege gefährlich werden, sonst gute Chancen auf weitgehende Heilung | Bei fortgesetzter Schädigung der Atemwege lebensbedrohlich, sonst Stoppen der Erkrankung oft möglich |